Im Wahlkampf hatte US-Präsident Trump unverhohlen auf Korruption gesetzt:

„Gebt mir eine Milliarde Dollar - und ich tue, was ihr wollt“: Mit diesen Worten machte Donald Trump im Wahlkampf 2024 bei einem Geheimtreffen mit der Öl- und Gasindustrie in Mar-a-Lago einen ungewöhnlichen Vorschlag.

Tatsächlich unterzeichnete er nur zwei Tage nach seiner Amtsübernahme eine Vielzahl von Dekreten. Sie hoben Umweltgesetze sowie andere Vorschriften auf, die die Erdöl- und Erdgasindustrie bislang hemmten, und setzten zugleich den Ausbau von Wind- und Solarenergie massiv unter Druck.

Sind die Erneuerbaren Energien nun im freien Fall – und Erdöl sowie Erdgas in den USA wieder voll auf dem Vormarsch?

Tatsächlich geht Trump mit Brachialgewalt vor allem gegen die Offshore-Windenergie vor. So untersagte er vor kurzem den Weiterbau eines bereits weit fortgeschrittenen Offshore-Windparks des dänischen Unternehmens Ørsted. Der Windpark, zu 80 % fertiggestellt, sollte Strom für 350.000 Haushalte liefern. Ørsted allein soll durch die rechtswidrig verfügten Baustopps bereits rund eine Milliarde US-Dollar an Verlusten verbucht haben und erwägt nun, dagegen zu klagen.

„Als die Ölindustrie in Mar-a-Lago mit einer Reihe von Forderungen im Austausch für eine Milliarde Dollar Wahlkampfunterstützung für Trump auftauchte, verlangte sie Folgendes: die Zerstörung sauberer Energie in Amerika“, sagte dazu Chris Murphy, Senator aus Connecticut.

Doch obwohl Trump versucht, den Ausbau von Solar- und Windenergie in den USA zu stoppen, machten Wind- und Solarenergie zusammen fast 96 % der neu hinzugekommenen Stromerzeugungskapazitäten in den ersten vier Monaten des Jahres 2025 aus.

Zwischen Januar und April 2025 wurden 2.183 MW neue Windkraftkapazität installiert, etwa 18 % aller Neuinvestitionen. Solarenergie führte im gleichen Zeitraum mit 9.451 MW, was 77,7 % der Gesamtleistung entspricht. Zusammen trugen Wind- und Solarenergie 95,7 % der gesamten neu in Betrieb genommenen Stromkapazität bei. Im Vergleich dazu kamen bei Erdgas nur 511 MW (4,2 %) und bei Öl lediglich 11 MW (0,1 %) hinzu.

Und wie sieht es im Ölmarkt aus?

Firmen bohren nicht einfach nach neuem Erdöl- oder Erdgas, nur weil ein US-Präsident es befiehlt oder wünscht – selbst wenn er seine Korruptionsversprechen durch den Abbau entsprechender gesetzlicher Hemmnisse erfüllt.

Firmen bohren dann neue Löcher in Böden oder Meer zum Pumpen oder Fracken von Erdöl und Erdgas, wenn eine Renditeerwartung besteht.

Diese hängt maßgeblich von den globalen Preisen für Erdöl oder Erdgas ab. Liegt der Weltmarktpreis nach Einschätzung der Konzerne dauerhaft hoch, wird groß in Neuerschließungen investiert.

Die Weltmarktpreise werden im Wesentlichen durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt, kurzfristig allerdings auch durch Spekulationen oder geopolitische Ereignisse überlagert. Sinkt die globale Nachfrage bei gleichbleibender Fördermenge, entsteht ein Überangebot, der Ölpreis fällt und Unternehmen haben kaum Anreize, in neue Förderstätten zu investieren.

Ähnlich verhält es sich beim Erdgas, da sich der globale Markt zunehmend vom Pipelinegeschäft zu einem globalen LNG-Markt entwickelt.

Die globalen Ölpreise stehen massiv unter Druck – von „Drill, Baby, Drill“ keine Spur

Die aktuelle Situation hat kürzlich das Wallstreet Journal beschrieben.

Die Welt steuert offenbar auf ein Überangebot an Erdöl zu. Zum einen haben die OPEC und einige Unternehmen auch in den USA ihr Förderangebot aus bestehenden Anlagen ausgeweitet, zum anderen sinkt die globale Ölnachfrage. Die konservative Internationale Energieagentur (IEA) hat daher ihre Prognosen für die weltweite Ölnachfrage in den Jahren gerade für 2025 und 2026 deutlich gesenkt.

Infolgedessen sind die globalen Ölpreise seit Trumps Amtsantritt deutlich gefallen, abgesehen von wenigen geopolitisch bedingten Ausreißern nach oben, etwa infolge des US‑israelischen Angriffs auf den Ölstaat Iran.

Unter Trump ist in den USA sogar die Anzahl der aktiven Oil Rigs (Ölförderplattformen an Land und im Meer) im Jahresvergleich von 483 im August 2024 auf 411 im August 2025 deutlich gesunken.

(Tecson, 23.8.25)

Keine Spur also von Trumps Wunsch nach „Drill, Baby, Drill“ – bisher zeigt sich genau das Gegenteil.

Warum sinkt die Erdölnachfrage weltweit?

Es gibt zwei aktuelle Hauptursachen für den Rückgang der globalen Erdölnachfrage: Wirtschaftsabschwung und Ausbau der E-Mobilität. Die eine Ursache geht auf Trump zurück: Seine Zollpolitik hat bereits eine abzeichnende globale wirtschaftliche Schwäche verstärkt. Die andere Ursache liegt in der E-Mobilrevolution in China.

Deutschland und die Welt erfahren eine deutliche Wirtschaftsabschwächung

In Deutschland ist das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal 2025 überraschend stark um 0,3 % gesunken.

Natürlich hat das etwas mit den Trump Zollirritationen zu tun, aber nicht nur. Es wirft in jedem Fall ein besonders schlechtes Licht auf die Regierung unter Kanzler Merz mit seiner Wirtschaftsministerin Reiche, die mit viel Getöse angetreten waren, eine „Wirtschaftswende“ zu schaffen. Ihr wirtschaftspolitischer Start in den ersten 100 Tagen ging offensichtlich voll daneben.

Auch global wurden die Wirtschaftswachstumsprognosen der OECD massiv nach unten korrigiert: Der Ausblick prognostiziert eine Verlangsamung des globalen Wachstums von 3,3 % im Jahr 2024 auf jeweils 2,9 % in den Jahren 2025 und 2026. Die Verlangsamung dürfte sich am stärksten auf die USA, Kanada, Mexiko und China konzentrieren.

Da zeigt sich deutlich, wie Trumps Politik zum Bumerang für seine eigenen Ziele wird: Ein starkes ‚America First‘ ist mit seiner Politik nicht zu erwarten; sein erstes Halbjahr zeigt bereits eine deutlich schwächere Entwicklung als unter Biden – genau das Gegenteil dessen, was er angekündigt hatte. Kein Wunder also, dass sein „Drill, Baby, Drill“ zumindest bisher nicht greift.

Auch in Deutschland unter Kanzler Merz zeigt sich in den ersten 100 Tagen der Regierungszeit ein Wirtschaftsabschwung, statt der angekündigten Wirtschaftswende.

Es wird immer offensichtlicher, wie frappierend sich die Bilder nach vollmundiger Wahlkampfrhetorik und den tatsächlichen Regierungsergebnissen der rechten und konservativen Politiker Trump und Merz im ersten Halbjahr ihrer Amtszeit gleichen!

Chinas klimaschützende E-Mobil-Revolution lässt den Erdölverbrauch schrumpfen

Neben dem globalen Rückgang des Wirtschaftswachstums ist die Umstellung auf E-Mobilität derzeit die stärkste Kraft für das Sinken der globalen Erdölnachfrage.

Im Jahre 2023 reduzierte die E-Mobilität bereits die Nachfrage von 0,9 Millionen Barrel Erdöl pro Tag. Für 2030 erwartet die IEA bereits einen Rückgang bis 8 Millionen Barrel pro Tag. Ich vermute, dass es noch wesentlich mehr sein werden, denn die IEA lag mit vielen ihrer Prognosen oft zu konservativ daneben. 2024 betrug der tägliche Erdölverbrauch etwa 101 Millionen Barrel.

Die 8 Millionen Barrel Rückgang sind für Erdölkonzerne ökonomisch hoch gefährlich, für den Klimaschutz jedoch bei weitem nicht ausreichend. Klar ist bereits: Ein „Drill, Baby, Drill“ wird allein dank Chinas E-Mobil-Revolution selbst in den USA nicht möglich sein.

Die jahrelange Missachtung einer Politik für die E-Mobil-Umstellung in Deutschland fordert nun ihren Tribut

Deutlich wird: Wegen einer fortgeführten Politik zugunsten des Verbrennungsmotors profitieren weder die USA noch Deutschland vom massiven industriellen Aufschwung der sauberen Klimaschutztechnologien wie Solar, Batterien und E-Mobilität, wie er in China stattfindet.

Im Gegenteil: Verheerende Nachrichten kommen gerade aus Schweinfurt. Dort verhandeln Gewerkschaften mit dem Arbeitgeber eines der größten Automobilzulieferer, ZF, über die Streichung von bis zu 4.000 (!) Arbeitsplätzen – ausgerechnet in der E-Mobil-Abteil

Auch Porsche gibt die Batteriefertigung auf und streicht 200 Stellen.

Diese beiden aktuellen, verheerenden Nachrichten sind erst der Anfang eines sich abzeichnenden wirtschaftlichen Niedergangs in Deutschland.
Ein schlimmeres Zeugnis für das Versagen einer Wirtschaftspolitik, die – genau wie unter Trump – weiterhin auf Erdöl und Erdgas statt auf moderne Klimaschutztechnologien setzt, kann der Bundesregierung derzeit nicht ausgestellt werden.
Auch in der Solarbranche drohen ähnliche Entlassungen, sollte die Ankündigung von Ministerin Reiche zum Ende der festen Einspeisevergütung tatsächlich umgesetzt werden.

Und wie verhält sich die EU? Geht es endlich schnurstracks in Richtung Beendigung der Erdöl-, Erdgas-, und Kohlenutzung?

Auch Europa versagt, denn im Grunde ist kaum mehr zu sehen, als die „Drill, Baby, Drill“-Politik von Trump. Trotz Absichtserklärungen, Sanktionen gegenüber Russland und eines verstärkten LNG-Imports aus den USA sind die LNG-Importe aus Russland in die EU im ersten Halbjahr 2025 um 30 % gestiegen. Insgesamt gab die EU 2024 noch unglaubliche 21,9 Milliarden Euro für fossile Energieträger aus.

Dennoch will auch die deutsche Wirtschaftsministerin Reiche den Ausbau der Erdgasnutzung mit neuen, hochsubventionierten Erdgaskraftwerken sowie einem Rückgang der Wärmepumpenförderung sogar noch weiter vorantreiben.

Merz, Reiche und Klingbeil wollen Subventionen für Erneuerbare Energien kürzen, die hohen fossilen Subventionen jedoch unangetastet lassen

Pläne, neue Erdgaskraftwerke einzustampfen und endlich Erdgasheizungen – die immer noch 30 % aller Heizungen in Deutschland ausmachen – durch Wärmepumpen zu ersetzen, kommen Merz, Klingbeil oder Reiche gar nicht in den Sinn. Wahrscheinlich fürchten sie um die Verdienste der fossilen Konzerne, die auch hier – wie in den USA – massiven Einfluss auf die konservative Politik haben.

Schlimmer noch: Um Haushaltsmittel zu sparen, überlegen sie nun, Förderungen für Wärmepumpen und E-Mobile zu kürzen.

Von einem Abbau der jährlich 70 Milliarden Euro an Subventionen für die fossile Wirtschaft ist dagegen kein einziger aktueller Vorschlag von ihnen zu hören. Damit soll Deutschland offenbar weiterhin die fossile Wirtschaft stärken, die massiv von den 81 Milliarden Euro profitiert, die Deutschland 2024 für fossile Energieimporte ausgegeben hat.

Dabei könnte der Ersatz der fossilen Rohstoffe durch Erneuerbare Energien weltweit sogar 1,3 Billionen US Dollar einsparen.

Die Politik von Trump und Merz ähnelt sich mehr, als man glauben mag: Stärkung fossiler und Schwächung Erneuerbare Energien.

Längst hat Correctiv aufgezeigt, dass der Machteinfluss der fossilen Erdöl- und Erdgaswirtschaft nicht nur bei Trump massiv ist, sondern auch in Deutschland unter Merz zunimmt.

Die fossile Lobby verschafft sich ihren Einfluss nicht mit Fakten, sondern mit Mythen, Fakes und vor allem mit viel Geld.

Da kommt ihr zugute, dass Fakten heute oft kaum zählen – angesichts der immer größer werdenden Schar von Menschen und Publikationen, die Fakten ignorieren und Mythen hinterherrennen.

Prof. Dr. Frank Best aus Konstanz hat kürzlich in einem lesenswerten Beitrag auf den Punkt gebracht, wie Menschen aus dem Lager der Klimawandelleugner alle Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnisse ignorieren, um ihr gefährliches, abstruses Weltbild gegen alle Vernunft weiter zu stärken.

Ich erlebe genau diese dort beschrieben Verhaltens- und Argumentationsmuster seit über 30 Jahren – von Menschen aus meiner Region und anderswo, bis hin in Diskussionen mit Politikern, Journalisten und Unternehmern.

Wir müssen daher gemeinsam ein großes gesellschaftliches Bewusstsein für die tödlichen Gefahren der Nutzung von Erdöl, Erdgas und Kohle schaffen – von der Erderwärmung über die massiven gesundheitlichen Schäden bis hin zu den ökonomisch irrwitzigen fossilen Subventionen und Energiekosten. Vor allem müssen wir erreichen, dass alle erkennen: 100 % Erneuerbare Energien sind die alles entscheidende Lösung, um die tödlich endenden Abwärtsspiralen der fossilen und atomaren Energienutzung zu durchbrechen.

Wenn es uns allen gelingt, ein stärkeres Bewusstsein zu fördern und unsere eigene Energieversorgung auf Erneuerbare Energien umzustellen, werden immer mehr Menschen die friedvollen, sauberen, klimaschützenden und kostengünstigen Erneuerbaren Energien nutzen.

Quelle: www.hans-josef-fell.de